Emma und der Sturm im Wasserglas

MeistaKloppa

Leserschwund und kein Ende in Sicht

Ein Aufschrei geht durch die Moralinstanzen der Nation, nachdem die TAZ, der Stern, die Süddeutsche Zeitung und viele andere "Qualitätsmedien" sich mit der Naketano-Kollektion auseinandergesetzt haben.

Schlimmer noch. Bei "Emma" - dem Leitmedium der Emanzipation - wird ganz offen von Riesenärger gesprochen, den das Essener Modelabel nun am Hals hätte. Grund der Empörung sind die angeblich sexistischen und frauenfeindlichen Namen der Produkte.

Dem großen Geschrei und Gezeter zufolge (Nein, kein Klischee für Frauen), fühlen sich einige wohl etwas vor den Kopf gestoßen, was bei einem derart massiven Brett vor selbigem nicht besonders schwer sein dürfte.

Ja. Die Kleidungsstücke dieser Marke sind zu 100% vegan, was generell schon mal gern als Anlass zur Kritik genommen wird. Wer es schafft, bei Primark, H&M, Zara und vielen anderen seine ethischen Ansprüche an der Infotheke des Shoppingcenter abzugeben, findet sich dann später online über die Namen der Naketano-Sweater herziehend wieder.

Sexismus steht als klarer Vorwurf im Raum und ja, ein Damenpullover mit dem Namen "Kroketten Horst" ist menschenverachtend und degradiert Frauen zu Sexobjekten. Und ja, ein Herren-T-Shirt mit dem Namen Suppenkasper manifestiert die Vormachtstellung des männlichen Geschlechts. Müsste es doch wenigstens ein/e Suppenkasper/in sein oder eine Kroketten Ute.

Nein im Ernst. Natürlich regen sich die Verfechterininnen der "Auch-Frauen-haben-ein-Recht-auf-bis-zu-2-Stunden-Ausgang-pro-Woche"-Fraktion zurecht auf, wenn ein Herren-Sweater Supapimmel heisst. Das Pendent der Damenwelt jedoch nur auf Monsterbumserin getauft wird.

Leider ist die ganze Boykott-Kampagne mehr als lächerlich, vor allem wenn man nach weiteren Anhaltspunkten sucht, die den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit manifestieren sollen und dann plötzlich feststellt, dass die Namen der Produkte doch nicht auf eine Herabwürdigung des weiblichen Geschlechts abzielen.

Andernfalls möge man doch bitte klarstellen, wie folgende Namen der Sweater, Jacken, Kapuzenpulis und T-Shirts, welche ausnahmslos der Damenkollektion entnommen wurden, sich in die eher dürftige Argumentation einbinden lassen:

  • Schnella Baustella
  • Doofmann Girl
  • Dirty Acid Girl
  • Debil mit Stil
  • Schnuckis Muckis
  • Discoschnupfen II
  • Blonder Engel IV
  • Iris IX
  • Extraordinär
  • The Fire Rises
  • Auf Detlef Caktir II
  • Brazzo Mack
  • Maja Triangles
  • I am Trouble
  • Geh Weg
  • Katsumoto II
  • The End II
  • Schöne Klaus
  • Schnatternatter Eule
  • EyHammaAltaLaaaaaba
  • So ein Otto IV
  • Wolle X
  • Mandy XI
  • Breakfast Club III
Ausserdem möge man doch dann bitte so konsequent sein und neben den Sexismus-Vorwürfen auch Rassismus in die Vorwurfsmaschine werfen. Immerhin heissen einige der Sweatjacken "Schwarzkopf".

Aber das dürfte schwieriger werden, denn die Grüder des Labels sind ja selbst Menschen mit Migrationshintergrund also muss die Rassismuskeule erst einmal in der Schublade bleiben. Die Produktion der Kleidung anzugreifen macht auch wenig Sinn, solange die geduldeten Ramschanbieter aus dem Shoppingcenter weiterhin mit Materialien tierischen Ursprungs arbeiten, den Arbeitern viel zu geringe Löhne zahlen und diese unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten lassen.

Bleiben wir also beim erfundenen Vorwurf der angeblichen frauenfeindlichen und sexistischen Namensgebung. Lassen wir dann den Mitmenschen der unteren Bildungsschicht (und den Lesern der "Emma") ihren Shitstorm, der letztendlich nur ein lauer Pups im Sommerwind bleibt und allenfalls dort seine Spuren hinterlässt, wo man sich selbst am nächsten ist.

Und so lese ich genüßlich die "schockierten" Kommentare auf Facebook, in denen sich Lischen Müller über "Schmusibumsi" aufregt und dann in Ihren Profilinformationen als Lieblingssong "Candy-Shop" von 50Cent angibt, als Lieblingsbuch/Film "50 Shades of Grey" nennt und die Fotos vom letzten Mädelsabend mit dem Hashtag #bitchnight postet...